Artikel aus der Stuttgarter Zeitung vom 21.11.2011
Expertengespräche am Stadtmodell. Bilder: Jung
Von unserem Redakteur Hansjörg Jung
Vom Deckel über die A 81 bis zum neuen Einkaufszentrum auf dem Busbahnhof, vom Haushaltsplan 2012 bis zum Dagersheimer Baugebiet östlich der Waldstraße rankten sich die acht Themenschwerpunkte, bei denen sich die Böblingerinnen und Böblinger vor der Bürgerversammlung eingehend informieren konnten – und sie nahmen das Angebot ausgiebig wahr.
Die Stadtverwaltung kam mit großem Aufgebot, die Gemeinderatsfraktionen glänzten in der Mehrzahl nicht durch Abwesenheit bei der Bürgerversammlung in der Murkenbach-Aula und auch die Bürgerinnen und Bürger zeigten großes Interesse daran, was sich hinter dem Begriff Werkschau, bei der die Stadtverwaltung ihre wichtigsten aktuellen und künftigen Projekte vorstellte, wohl verbergen mochte. Schon vor dem offiziellen Beginn um 18 Uhr standen schon die Ersten an den Schautafeln und ließen sich von den Rathaus-Experten ausgiebig informieren.
Rund ums Stadtmodell
Dass der städtische Haushalt nicht an erster Stelle des Interesses lag, liegt in der Natur der Materie. Doch dicht umlagert war stets das Stadtmodell, auf dem sich die Ausmaße des neuen Einkaufszentrums auf dem alten Busbahnhof nachvollziehen ließen und das ebenso eine Vorstellung vom Kreissparkassen-Neubau an der Bahnhofstraße gab. Handfestes Interesse gab’s beispielsweise auch an der Baugemeinschaft in der Spielbergstraße oder auch am Projekt Wohnen am Stadtgarten.
Gegen 19.45 Uhr schaltete OB Wolfgang Lützner die neuen Internetseiten der Stadt http://www.boeblingen.de/ frei. Ein Jahr lang hatten IT-Experten und Rathausmitarbeiter getüftelt, um den Internetauftritt zeitgemäß auf Vordermann zu bringen. Dabei haben die Arbeiten, die Inhalte zu füllen und die Defizite auszumerzen mindestens ebenso so lange gedauert, wie der grafische und strukturelle Entwurf der Seiten. OB Wolfgang Lützner: „Ziel war es, mit möglichst wenigen Klicks zu den Inhalten zu kommen“.
Inhaltlich nahm Wolfgang Lützner die Versammlung auf eine Tour durch die Unterstadt und unterstrich deren wirtschaftliche Bedeutung. Über Tante-Emma-Läden würde zwar oft und gerne gesprochen, doch das Einkaufsverhalten zeige ein anderes Bild. Ein großes Angebot, zeitgemäß präsentiert unter einem Dach, sei heute der angesagte Rahmen für ein Einkaufszentrum – eben nach Art des Projekts, das die Krämer-Gruppe bis Herbst 2014 auf dem ehemaligen Busbahnhof für rund 120 Millionen Euro bauen wird. Davon würden auch die meisten angrenzenden Händler profitieren. Und das Projekt habe schon einen Stein ins Rollen gebracht „Andere fragen mich, was sie tun können. Ich bin der Überzeugung, dass die Reaktionen insgesamt positiv sind“, sagt der OB.
Impulse in der Bahnhofstraße
Vor allem in der Bahnhofstraße erwartet der OB Impulse. Je nachdem, wie sich dort die Geschäfte entwickelten, könne man in Zukunft auch darüber nachdenken, die Fußgängerzone bis über den Elbenplatz hinauszuziehen. Geschäfte, deren Produkte die Kundschaft schlecht per pedes durch die Stadt transportieren könnte, sollten nach Lützners Vorstellung dann eher im Bereich des Schlossbergrings angesiedelt werden.
Defizite sieht er jedoch beim Einkaufszentrum jenseits der Wolfgang-Brumme-Allee. Es gebe zwar Ansätze die Situation dort zu verbessern. Die Eigentumsstruktur erschwere jedoch schnelle weitreichende Entwicklungen. Wolfgang Lützner: „Wenn wir die Verbesserungen hinbekommen, haben wir eine Chance, sonst wird das wohl nichts mehr. Das ist meine Meinung.“
Das Thema der baulichen Entwicklung auf dem Tannenberg wollte der Verwaltungschef zunächst ausgeklammert wissen. In der nächsten Ratssitzung präsentiere die Verwaltung einen Vorschlag (siehe unten). Lützner: „Wir sind kein Geheimniskrämerverein. Ich bin mir sicher, dass am Ende Konsens bestehen wird, einen gemeinsamen Weg zu gehen. Aber entscheiden wird der Gemeinderat. Und er gab den Tannenberglern den Rat mit auf den Weg, darüber nachzudenken, ob ein reines Wohngebiet überhaupt noch zeitgemäß sei. Lützner: „Dann wäre dort nicht einmal ein Computer-Arbeitsplatz zulässig.“
Freie Flächen und Leerstände.
Grundsätzlich sei Böblingen Zuzugsgebiet und Innenentwicklung müsse nicht zwangsläufig Verdichtung bedeuten. „Wir haben in der Region Stuttgart Gebiete, wo keiner mehr wohnen will, in Böblingen ist das anders.“ Doch müsse auch Druck aus dem Wohnungsmarkt genommen und Lösungen für eine Innenentwicklung gesucht werden. Dies bedeute zwar nicht automatisch auch eine Verdichtung, doch müsse man sich vergegenwärtigen, dass viele freie Flächen und Leerstände aus den unterschiedlichsten Gründen nicht auf dem Markt verfügbar seinen. Deshalb sei es Aufgabe der Verwaltung, nach Lösungen zu suchen. Denn, so Lützner: „Leute aus dem Dienstleistungsbereich können sich in Böblingen keine Drei-Zimmer-Wohnung leisten. Deshalb sind die Untersuchungen wichtig.“
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